Klar, Veronika Palle wollte nie Bäuerin werden. Ist sie ja selbst auf einer kleinen Landwirtschaft im nahen Feld am See aufgewachsen und hatte es wohl deshalb nicht am Visier. Krankenschwester schon eher, aber das Erwachsenwerden bringt laufend Überraschungen und Weggabelungen, die das Leben erst richtig gut würzen. Und wer konnte schon ahnen, dass sie von Stall und Feld doch nicht so leicht loskommen würde und im Alter von 21 schon wieder mit beiden Beinen auf einem Bauernhof steht. Verwunderlich und gar nicht nachvollziehbar sind für sie Äußerungen, die dem Bauernstand ausschließlich „schwere Arbeit“ und „körperliche Plage“ zuschreiben. „Klar, wir haben einen Rund-um-die-Uhr-Job, aber ich konnte zum Beispiel immer bei den Kindern zuhause sein und hatte trotzdem auch eine berufliche Aufgabe“, hebt Vroni das Schöne an der Landwirtschaft hervor. Seit 2004 krempelt sie mit ihrem Mann behutsam den Hof um, ohne das gewachsene Kulturgut zu verfälschen. Umstellung auf Mutterkuhhaltung, Stallumbau, 2011 dann eine größere Investition u.a. für Ferienwohnungen. Seit dem sorgen zufriedene Gastfamilien für noch mehr Trubel und Heiterkeit.

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Bauer und Kinder bei den Kühen auf der Wiese | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

"Wir tragen unsere Kindheit in uns"

Glaubt man den Umfragen und Meinungsforschern, dann spielen positive Erinnerungen an die eigene Kindheit eine wichtige Rolle bei der Urlaubsentscheidung von Menschen mittlerer Reife. Was für Jugendliche zur Qual werden kann und als Mitzwanziger auch schwer denkbar ist, wird erst wieder cool, wenn man selbst Kinder hat und die Lebensperspektive wechselt. Wie gerne taucht der „homo turisticus“ dann wieder in ein behütetes Ambiente der Einfachheit ein, wie es neben den Bauernhöfen eigentlich nur kleine Frühstückspensionen und Privatzimmervermieter bieten können. Urlaub am Hof ist und bleibt eine Gegenthese zum Alpenballermann, den man in dieser Ecke sowieso nicht findet. Gut so.

Veronika scheint ein geschicktes Händchen zu haben, um genau diese Kindheitserinnerungen in ihren Gästen wieder zu wecken. Wenn sie für sich und ihre Gäste Kuchen backt, dann zieht ein angenehmer, für die Zielgruppe vertrauter Duft durch das ganze Haus, der mit einer Prise Nostalgie Wirkung zeigt. Immer wieder erhält sie Rückmeldungen, dass sich manche ihrer Gäste am Götzfriedhof wie zuhause fühlen. Ein sehr hoher Grad an Gästebindung, das Gold im Zeitalter austauschbarer Beherbergungsangebote zwischen Alpen, Nordsee und der ganzen Welt.

„Es ist die Kunst zu erkennen, was der Gast will“, darin sieht Veronika Palle ihre Rolle als Gastgeberin, die sie empathisch lebt. Manche Neuankömmlinge hätten nach der Anreise und in den ersten beiden Tagen sichtlich Urlaubsstress, da die schon zuhause zurechtgelegte Erlebnisagenda abgearbeitet werden will. „Nach zwei Tagen werden sie ruhiger und man merkt schon, dass die Hektik der Entspannung weicht“, erzählt Vroni, was ihre geschulten Sinne seit Jahren wahrnehmen. Auch hier gilt: Die Gäste schätzen die persönliche Ansprache, in Zeiten wachsender Technologisierung eine willkommene Dosis analoger Menschlichkeit.

Pavillon mit Blick auf den See | © Urlaub am Bauernhof Kärnten / Daniel Gollner

"Es ist die Kombination die uns ausmacht"

Die Palles offerieren einen ansprechenden Dreiklang aus temporärem Hofleben (Zimmer oder Ferienwohnungen), eigenes Seebad und die Götzfried-Almhütte. Letztere liegt auf 1.500 Meter Seehöhe (unterhalb der bekannten Lammersdorfer Hütte), hat zwar keinen Strom (für Warmwasser gibt es jedoch einen Holzofen), belohnt hingegen mit viel Ruhe, alpinem Südbalkonblick und spätabends mit einem Lichterring entlang des Seeufers, der den Auszeitsuchenden flimmernd zu Füßen liegt. Blickt man nach oben, erleuchten die Sterne den Horizont und Nachthimmel über den Kärntner Nockbergen. Mehr Beletage-Feeling geht nicht. Wer die Einfachheit schätzt, sollte einmal über Nacht hier oben gewesen sein.

Veronika zieht es nicht in die Ferne, wenn sie selbst mit ihrer Familie verreist. Ihr Leitsatz lautet nämlich so: Nur wenn du dich selbst für deine Heimat interessierst, kannst du das auch an deine Gäste vermitteln. Wer braucht schon Sonne, Strand und Mittelmeer, wenn die Fülle des Lebens mit Goldeck, Dobratsch, Nockalmstrasse oder der naheliegenden Millstätter Alm eh direkt vor der Haustüre aufblüht. Herbst ist Auszeit, Familienzeit und auch der Beziehungspflege gewidmet. Denn die kostbare „Zeit zu Zweit“ muss im Vollerwerb der touristischen Hochsaison in den Hintergrund rücken. Da kommen Abstand und Ortswechsel in den ruhigeren Monaten sehr gelegen.

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Stefan Heinisch

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